
Waldwirtschaft an der LFS Tamsweg
50 Jahre Land- und Forstwirtschaftliche Fachschule Tamsweg – in diesen 5 Jahrzehnten machte auch die österreichische Forst- (und Holz-) wirtschaft einen stetigen Entwicklungsprozess mit gravierenden Veränderungen durch.
Beispielhaft für die technischen Errungenschaften in der Holzernte seien die Entwicklung von der Zugsäge zur Motorsäge, vom Pferdefuhrwerk auf steilen Schlittenwegen zum Holztransport mit LKW-Zügen auf Forststraßen oder auch von der händischen Lieferung zur vollmechanisierten Holzernte mit Harvester und Forwarder genannt.
Aber auch auf ökonomischer Seite gab es enorme Umbrüche und einen tiefgreifenden Strukturwandel v.a. im Bereich der Sägeindustrie (Verschwinden von zigtausenden kleinen bis mittleren Sägewerken und Entwicklung hin zu Großbetrieben mit 1 bis teilweise über 2 Millionen Festmeter Einschnitt/Jahr).
Waren die ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg einerseits durch die Angst vor Holzmangel und damit verbundenen Exportbeschränkungen bzw. –verboten, andererseits durch gewaltiges Wirtschaftswachstum mit sehr guten Holzpreisen und Absatzmöglichkeiten gekennzeichnet, so waren für die Lage der Forstwirtschaft in Österreich in den letzten Dezennien ein enormer Flächenzuwachs und Vorratsaufbau, d.h. Holzüberschuss mit niedrigen Holzpreisen und teilweise Absatzschwierigkeiten kennzeichnend. Erst in den letzten Jahren ist diesbezüglich, u.a. auch aufgrund von für Holz günstigen Entwicklungen auf dem Energiesektor, eine Trendwende erkennbar bzw. eingetreten.
Hinsichtlich der Bedeutung des Betriebszweiges Waldwirtschaft innerhalb des bäuerlichen Betriebes ist festzuhalten, dass dieser seine ursprüngliche, als Sparkassenfunktion bezeichnete Bedeutung zunehmend verliert bzw. größtenteils bereits verloren hat, und sinnvollerweise ein Übergang zu einer kontinuierlichen Nutzung mit jährlicher Abschöpfung des Zuwachses erfolgt ist.
Waldwirtschafts-Unterricht in Tamsweg
Der Waldwirtschaftsunterricht an der LFS Tamsweg hatte in den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Schule neben der Landwirtschaft eine eher untergeordnete Bedeutung, v.a. in den letzten 10 Jahren hat aber eine sehr dynamische Aufwärtsentwicklung stattgefunden.
Dies kommt nicht nur in der Steigerung der Anzahl an Unterrichtsstunden zum Ausdruck, sondern auch durch eine Reihe überaus positiver externer Effekte. Beispiele dafür sind u.a. die Errichtung der modernst ausgestatteten Forstwerkstätte im Jahr 2003, die Einrichtung des überaus erfolgreichen Forstmoduls (=Forstfacharbeiterkurs) im Jahr 2000 oder auch der Bau eines Schnitt- und Fällsimulators in Eigenregie durch unseren Mechanikermeister Dipl.-Päd. Josef Santner. Auf diesem Gerät können über verschiedene Hydraulikfunktionen beinahe alle gefährlichen Ausnahmesituationen, die im Wald hinsichtlich der Fällung von Sonderfällen (Vor-, Rück-, Seithänger) und insbesondere hinsichtlich der Trennschnitte bei leicht bis sehr stark verspannten Hölzern (Stichwort “Windwurfaufarbeitung“) auftreten können, unter sicheren und kalkulierbaren Bedingungen nachgestellt werden.
Es ist damit also möglich, die Schüler im Unterricht versuchsweise auf extrem schwierige Situationen im eigenen oder fremden Wald bestens vorzubereiten. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, ist dies auch ein ganz wichtiger Teil der Ausbildung, denn es kommt immer wieder zu Fehleinschätzungen der Spannungsverhältnisse im Stamm. Die Motorsäge bleibt also nicht so selten “stecken“ bzw. es kommt zum – im Versuchsfall jedoch kontrollierten – Aufreißen des Stammes. In der Praxis haben solche Fehleinschätzungen sehr oft fatale Folgen bis hin zu schwersten, mitunter tödlichen Unfällen.
Anzumerken ist, dass die LFS Tamsweg eine der ganz wenigen Ausbildungsstätten in Österreich ist, die über die Möglichkeit der Ausbildung an einem technisch so aufwändigen und überaus effektiven Gerät verfügt.
Der Waldwirtschaftsunterricht im 2. und 3. Jahrgang der Fachschule umfasst in der Theorie folgende Inhalte:
- Funktionen und Bedeutung des Waldes in Österreich
- Boden- und Standortskunde
- Baumartenkunde
- Grundlagen des Waldbaues
- Verjüngung des Waldes (Naturverjüngung : Kunstverjüngung)
- Bestandespflege und Durchforstung
- Verjüngungsverfahren
- Forstschutz/Schädlingsbekämpfung
- Waldarbeitslehre und Unfallverhütung
- Arbeitskleidung – Persönliche Schutzausrüstung
- Werkzeuge, Maschinen und Geräte
- Arbeitstechniken im Schwach- und Starkholz
- Holzbringung
- Forstwegebau und -erhaltung
- Holzausformung-, sortierung und –verkauf
- Forstorganisation und Forstrecht; Forstförderung
- Forstliche Betriebswirtschaftslehre
- Ertragskunde
- Waldwirtschaftsplan
- Waldbewertung
- Rohertragskalkulation - Deckungsbeitragsrechnung
- Grundlagen der Wildbiologie und Jagdwirtschaft
Neben der Theorie ist v.a. auch die Praxis von entscheidender Bedeutung und bei den Schülern meist auch der beliebtere Teil des Unterrichts. Der Praxisunterricht findet neben der Werkstätte zum überwiegenden Teil im Wald statt. Dabei ist die sehr gute Zusammenarbeit mit zahlreichen Lungauer Bauern, die uns ihre Waldflächen für die gesamte Palette an forstlichen Maßnahmen von der Aufforstung bis zur Starkholzschlägerung zur Verfügung stellen, von besonderer Bedeutung. Im schuleigenen Lehrforst mit leider nur 12 ha Fläche wären wir bei der großen Zahl an Schülern und Praxiseinheiten bald am Ende angelangt.
Im praktischen Unterricht werden folgende Inhalte abgedeckt:
- Motorsägenwartung
- Motorsägen-Schnittübungen, -Schnitttechniken
- Motorsägenketteninstandsetzung
- Durchforstungsauszeige und Schwachholzschlägerung
- Starkholzschlägerung
- Holzausformung und –sortierung
- Lieferung/Rückung und Bringung des Holzes
- Aufforstung
- Kultur- und Jungwuchspflege; Kulturschutz
- Freischneidereinsatz
- Forstwegeinstandhaltung
- Waldbestandserhebung – Waldwirtschaftsplan
- Forstbotanik - Zeigerpflanzen
Forstfacharbeiterausbildung
Neben dem regulären Waldwirtschaftsunterricht in der Fachschule besteht seit dem Jahr 2001 für unsere wie auch alle Absolventen der anderen Salzburger Fachschulen die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis an unserer Schule die Forstfacharbeiterprüfung abzulegen. Diese, von unserem ehemaligen Direktor DI Rupert Huber initiierte, um- und durchgesetzte, nunmehr als “Forstmodul“ bezeichnete achtwöchige Ausbildung, ist mittlerweile etabliert und in Fachkreisen allseits anerkannt. Beweis dafür ist, dass jährlich 50-55 Absolventen der 4 Salzburger Landwirtschaftsschulen diesen Lehrgang bei uns besuchen (in Summe inzwischen über 330) und wir auch bereits mehrere Auszeichnungen dafür entgegennehmen durften (Grüner Zweig 2004, Waldkauz 2007).
Der Lehrgang selbst baut auf dem Grundstock an forstlichem Wissen, das sich die Teilnehmer in der Fachschule angeeignet haben auf und vertieft dieses in allen Bereichen. Besondere Schwerpunkte liegen dabei auf den Gebieten der Arbeitstechnik und v.a. auch der Arbeitssicherheit. In diesem Zusammenhang besonders bewährt hat sich die Zusammenarbeit mit der ÖBf AG – Forstbetrieb Kärnten – Lungau und der FAST Ossiach. So findet der gesamte Praxisunterricht im Rahmen dieser Ausbildung auf Waldflächen der ÖBf AG mit Forstfacharbeitern der Bundesforste statt, die aufgrund ihrer Erfahrung und Kenntnisse dafür optimal geeignet sind. Gerade deshalb ist dieser Teil der Ausbildung überaus lehrreich und bei den Schülern besonders beliebt.
Neben der 6-wöchigen theoretischen und praktischen Ausbildung in Tamsweg sind die Kursteilnehmer auch für 2 Wochen in Ossiach, wo sie einen jeweils einwöchigen Schlepper- und Seilbringungskurs mit abschließender Prüfung absolvieren.
Fixer Bestandteil des Forstfacharbeiterkurses sind auch die Kapitel Arbeitssicherheit und Unfallverhütung mit d e m Experten der forstlichen Sicherheitsberatung in Österreich, DI Johannes Kröpfl, von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern.
Der finale Abschluss des Lehrganges findet in Form einer kommissionellen, theoretischen und praktischen Prüfung, die von der Lehrlings- und Fachausbildungsstelle bei der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg abgenommen wird, statt.
Staatsmeisterschaften
Um auch die sportliche Komponente nicht zu kurz kommen zu lassen, nimmt auch jedes Jahr eine Tamsweger Mannschaft an den Staatsmeisterschaften der Waldarbeit für Schüler und Studenten sowie der Alpen – Adria – Waldolympiade teil. Die Schüler sind mit Begeisterung dabei und trainieren entsprechend ehrgeizig, um sich bei den Wettkämpfen mit Konkurrenten aus ganz Österreich bzw. dem Alpen-Adria-Raum zu messen. Dabei sind die Disziplinen “Fällschnitt“, “Präzisionsschnitt“, “Kombinationsschnitt“, “Kettenwechsel“ und “Entasten“ als Finalbewerb zu bewältigen.
Die Tamsweger Mannschaften konnten sich bisher meist im guten Mittelfeld platzieren und als beste Ergebnisse eine 3. Platz in der Mannschaftswertung erreichen sowie einen Vizestaatsmeistertitel im “Kombinationsschnitt“ und einen Olympiasieger in der Disziplin “Kettenwechsel“ stellen.
Als einer der Höhepunkte im heurigen Jubiläumsjahr war die LFS Tamsweg im April Veranstalter der 6. Staatsmeisterschaften der Waldarbeit für Schüler und Studenten. Es war dies eine überaus gelungene, gut besuchte Veranstaltung, die bei herrlichem Wetter vor der Kulisse der Lungauer Berge stattfand und bei den Teilnehmern nachhaltig positive Eindrücke hinterließ. Wie hoch das Niveau bei diesen Titelkämpfen ist, zeigt, dass die Siegermannschaft von Tamsweg auch den Europameistertitel in Belgien gewinnen konnte.
So werden wir hinsichtlich des Waldwirtschaftsunterrichtes an der LFS Tamsweg auch in Zukunft versuchen am Puls der Zeit zu bleiben, d.h. aktuelle Entwicklungen und Veränderungen bzw. Notwendigkeiten frühzeitig zu erkennen, um den zukünftigen bäuerlichen Waldbesitzern die besten Voraussetzungen und das notwendige Rüstzeug für eine optimale Bewirtschaftung ihrer Waldflächen mit auf den Weg zu geben.
Wie notwendig dies ist, zeigen die Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur, die für den Bauernwald gewaltige Nutzungsreserven und damit Einkommensmöglichkeiten ausweisen, die es durch eine entsprechend fundierte und intensive forstliche Ausbildung der künftigen Waldbesitzer zu lukrieren gilt.
DI Georg Ebner